1. Sondernutzung

Der Gemeingebrauch der öffentlichen Straßen ist jedem gestattet, es gilt jedoch nur als Gemeingebrauch, wenn dieser vorrangig dem Zweck des Verkehrs dient. Die Vorschriften zur Sondernutzung stehen in dem Straßengesetz des jeweiligen Bundeslandes.

Nutzen Anlieger den gemeingebräuchlichen Raum anderweitig, ohne diesen erheblich zu beeinträchtigen, spricht man von Anliegergebrauch. (BerlStrG, §10, 1, 2, 3)

Bei dem Gebrauch öffentlicher Straßen, der über den Gemeingebrauch hinausgeht, wird eine Erlaubnis zur Sondernutzung durch die Straßenbaubehörde benötigt. Diese soll in der Regel erteilt werden, außer wenn öffentliche Interessen entgegenstehen oder Menschen mit Behinderung in ihrem Gemeingebrauch beeinträchtigt werden. Sondernutzungsgebühren können je nach Art, Umfang, Dauer und Wirtschaftlichkeit erhoben werden. Auch die Sondernutzung durch Baustellen, darf nur erteilt werden, wenn keine wesentliche Störung des fließenden und ruhenden Verkehrs erwartet wird. Ist diese Vermeidung jedoch nur durch erheblichen Aufwand zu gewährleisten, kann davon abgesehen werden. (BerlStrG, §11, 1, 2, 3, 9) Das kurzfristiges Abstellen von Waren und Gegenständen zum Zwecke des Transports oder Verladens fällt nicht unter das Sondernutzungsrecht, solange es nicht mehr als 1,5 m in den Gehweg ragt. Des weiteren ist darauf zu achten, dass keine Störung des Straßenbildes durch sperrige Gegenstände oder durch unordentliches Herausstellen von Waren, Behinderungen des Fußgängerverkehrs oder Ähnliches auftritt. (Berlin.de, Die Sondernutzung von Strassenland)

Eine Behinderung liegt allerdings spätestens dann vor, wenn das benötigte Mindestmaß von 1,80 Meter des "Verkehrsraums" für Fußgänger unterschritten wird. Mehr Informationen, wie breit Gehwege eigentlich sein sollten finden sie hier (vgl. Wie breit müssen Gehwege sein?).

Die StVO verpflichtet zur Einholung einer Erlaubnis, wenn es zu übermäßiger Straßenbenutzung kommt, dies ist bei Veranstaltungen, Autozügen oder Schwertransporten der Fall. (StvO, §29) Auch auf Bundesfernstraßen gilt der Gemeingebrauch. Sondernutzungen bedürfen der Genehmigung durch die zuständige Straßenbaubehörde/ dem Träger der Straßenbaulast, innerörtlich durch die Gemeinde. Die Erlaubnis zur Sondernutzung darf nur auf Zeit oder auf Widerruf erteilt werden. Die Sondernutzung von Gemeindestraßen kann i.d.R. durch Gemeindesatzungen geregelt werden. Oft können diese Satzungen auch bestimmte erlaubnisfreie Sondernutzungen vorsehen.

Ist die Gemeinde nicht gleichzeitig Träger der Straße muss sie bei Satzungen und Erlassen immer die Zustimmung der Straßenbaubehörde einholen. (BFStrG, §8, 1) Die Gesetzgebungen unterscheiden sich in einigen Punkten in den Straßengesetzen der einzelnen Bundesländer. Die Sondernutzung ist grundsätzlich bei der Planung zu berücksichtigen und entsprechende Dimensionen sind einzuhalten. (EFA, 3.2.2, 1.2, RASt, 5.1.2)

Eine genauere gebietsbezogene Regelung von Sondernutzung ist allerdings auch möglich. Dies geschieht auf Basis des Rechtes zur Selbstverwaltung von Kommunen. Diese können gesetzgeberisch in Form von Satzungen tätig werden. Inhaltlich müssen sich diese Satzungen allerdings an die Vorgaben von Bund und Ländern halten, können aber ansonsten frei gestaltet werden. Den Gesetzestext findet man im Artikel 28 Absatz 2 des GG. Weitere grundsätzliche Informationen finden Sie hier.

Ein Beispiel ist das Nutzungs- und Gestaltungsstatut der Berliner Maaßenstraße. In dieser wird zu Gunsten der Fußgänger Sondernutzung eingeschränkt.

 

Anwendung der Sondernutzung. Weiter zu den Beschwerdevorlagen.

2. Baustellen

Baustellenabschnitte führen häufig zur Verengung der Fußwege und Zusammenlegung von Fuß- und Radverkehr. Dies hat in den meisten Fällen zur Folge, dass die gesamten Bereiche für mobilitätseingeschränkte VerkehrsteilnehmerInnen nicht mehr passierbar sind.
Um dem entgegen zu wirken, gibt es die „Richtlinien für die Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen“, kurz RSA. Auch DIN-Normen oder das Regelwerk „Hinweise für barrierefreie Verkehrsanlagen“ (H BVA) beinhalten Richtlinien und Empfehlungen für die Gestaltung und Sicherung von Baustellen.

Anwendung der Baustellensicherung:

3. Verkehrssicherungspflicht

Wer ist für die Verkehrssicherheit zuständig?

Eingebrochener Schachtdeckel durch Absperrbake gesichert
(Foto: About Pixel, qba libre)

Diese Frage lässt sich leider nicht so einfach beantworten, denn es gibt zwei Verantwortliche:

  • Jeder, der „durch die Eröffnung des Verkehrs eine Gefahrenquelle schafft“, muss grundsätzlich Maßnahmen zum Schutz der Verkehrsteilnehmer treffen. Das wäre also z.B. die Kommune.
  • Jedoch gilt auch: Der Schutz des Verkehrsteilnehmers beginnt dort, wo dieser sich durch eigene Sorgfalt nicht mehr schützen kann. Der Fußgänger darf also nicht sorglos den Gehweg nutzen, sondern muss aufmerksam sein und Gefahrenquellen ausweichen.

Der Verkehrssicherungspflichtige (die Kommune, der Landkreis, das Bundesland) muss mit „zumutbaren Mitteln“ die Nutzung der Straßen möglichst gefahrlos gestalten. Dies gilt insbesondere für nicht ohne weiteres erkennbare Gefahrenquellen, die bei „zweckgerichteter Benutzung“ nicht ohne weiteres erkennbar sind.
[...]
Die Rechtsprechung geht von besonnenen, verständigen und gewissenhaften Menschen als Maß dafür aus, wer die Gefahren vorhersehen müsste. Eine Pflichtverletzung der Kommune liegt dann vor, wenn die Straße/ der Gehweg nicht oft genug auf Schäden geprüft wurde. Eine allgemeine Regel, wie oft geprüft werden muss, gibt es jedoch nicht.
[…]
Ansprüche von geschädigten Verkehrsteilnehmern hinsichtlich der Verkehrssicherungspflicht erfolgen auf der Grundlage von § 823 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch).
[...]
Aus dem oben Gesagten lässt sich wahrscheinlich bereits erkennen, dass es selten einen eindeutigen „Schuldigen“ gibt; die Rechtsprechung beruht auf der genauen Betrachtung der jeweiligen konkreten Umstände.

Auszüge aus „Urteil zur Verkehrssicherungspflicht auf Gehwegen“

Dieser Artikel von Stefan Lieb ist in mobilogisch! , der Vierteljahres-Zeitschrift für Ökologie, Politik und Bewegung, Heft 4/2012, erschienen.

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